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Wien lieber nicht mit Hund

Tierschutzhündin Hannah ist in den letzten 2,5 Jahren, die sie nun bei uns in München lebt, zum einem echten Citygirl herangewachsen. Sie lässt sich nicht vom manchmal hektischen Verkehr irritieren und fährt problemlos in Fahrstühlen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Daher haben wir auch keinen Zweifel, dass sie eine andere Großstadt wie Wien gut meistern wird.

Unsere bisherigen Erfahrungen zum Thema Kurzreise mit Hund, waren durchweg positiv, wie ihr am Beispiel Budapest erfahren könnt.

Welche Hürden dieser Städtetrip trotzdem mit sich bringt und warum man die Kultur-Metropole Wien vermutlich besser ohne Hund entdecken sollte, möchte ich euch im nachfolgenden Erfahrungsbericht erläutern.

Kurz vor Antritt unserer Reise habe ich einen Bericht über eine Studie gelesen, die sich mit der Hundefreundlichkeit von Großstädten weltweit befasst hat. Da Wien hierbei noch einen Platz vor München aufgeführt ist und ich bereits ohne Hund schon mehrmals die Stadt besucht habe, sehe ich keine Veranlassung das Wochenende vorab im Detail zu planen. Böser Fehler. 
Das hundefreundliche Hotel „HB1 Schönbrunn Budget & Design“ das wir ausgesucht haben liegt in Fußweite zum gleichnamigen Schloss Schönbrunn. Wir werden hier zwei Nächte verbringen. Ab 13 Uhr ist das Einchecken möglich. Im Anschluss wollen wir dann die Schlossanlage besichtigen - so der Plan. Am zweiten Tag möchten wir dann die Innenstadt erkunden und am dritten Tag nach einem gemütlichen Frühstück die Heimreise antreten.
 
Die erste Ernüchterung ereilt uns, als wir im Hotel einchecken. Die Ausstattung ist modern und alles ist sauber, aber das zugewiesene, hundefreundliche Zimmer befindet sich im Erdgeschoß mit Blick auf eine Betonwand. Um diese etwas aufzuhübschen hat man sie mit einer, mit Bäumen bedrucken Plane umhüllt, die ich sonst nur von gerade in Sanierung befindlichen Gebäuden kenne. Na gut, wir wollen hier ohnehin nur Zeit zum Schlafen verbringen.
 
Daher packen wir schnell unsere sieben Sachen aus und machen uns zu Fuß auf den Weg zum Schloss.
Der Weg führt uns durch einen kleinen Park. Hier weisen uns Schilder darauf hin, welche Grünfläche von Hannah betreten werden darf und welche für sie tabu sind. Kein Problem für uns, denn Hannah möchte sowieso am liebsten dahin wo schon einige andere Hunde spielen und sogleich tobt sie mit ihren neuen Freunden um die Wette. Das hat sie sich auch verdient nach der gut vierstündigen Autofahrt.
 
Als sie von den anderen Fellnasen genug hat setzen wir unseren Weg fort Richtung Schloss.
Hier erhalten wir unsere zweite Ernüchterung. Das komplett ummauerte Gelände weißt in regelmäßigen Abständen auf plakativen Schildern darauf hin, dass Hunde hier nicht erwünscht seien. Gut, das wir mit Hund keinen Zutritt zum Schloß erhalten würden, war uns auch im Vorfeld klar, aber das wir, nicht einmal drum herum und durch die Parkanlagen flanieren dürfen, schockiert uns nun doch etwas.
Wir wagen uns tollkühn in die Nähe eines Torbogens, woraufhin sofort ein Wärter auf uns losstürmt, um uns auf die Schilder aufmerksam zu machen. 
Dieses Szenario werden wir noch öfter erleben.
 
Enttäuscht und etwas wütend über unsere eigene Naivität machen wir uns auf zur U-Bahn Station. 
Den öffentlichen Nahverkehr in Wien dürfen Hunde immerhin nutzen. Voraussetzung ist ein gültiges Ticket und ein Maulkorb. Für kleine Hunde, die in eine Tragetasche passen ist kein Ticket erforderlich.
 
Unser alternatives Ziel soll der bekannte Naschmarkt werden, denn langsam kündiget sich ein leichtes Hüngerchen an. Als wir an der Station aussteigen sind wir etwas verwundert und überlegen kurz, ob wir womöglich falsch sind, denn es ist erstaunlich ruhig um uns herum. Dann wird es uns schlagartig bewusst. Es ist Sonntag und die Buden auf dem Markt haben geschlossen…
Mutiert dieser Wochenendtrip langsam zum Desaster? Einmal mehr ärgere ich mich über mich selbst und die mangelhafte Vorrecherche.
Da ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen habe und ich zu den Menschen gehöre, bei denen mit sinkendem Blutzuckerspiegel auch das Laune-Barometer in den Keller rast, fängt die Stimmung bedenklich an zu kippen. Zum Glück kennt mein Freund Ede inzwischen die Anzeichen nur zu gut und ist an einer schnellen Lösungsfindung interessiert. Mit Hilfe seines Smartphones googelt er in Windeseile einen Notfallplan. Ich lasse mich breitschlagen, doch den wie leergefegten Marktplatz mit ihm zu besuchen und entdecke zu unserer beider Erleichterung, dass einige Restaurants und Cafés geöffnet sind.
Wir lassen uns nieder und während der stärkenden Zwischenmahlzeit erarbeiten wir einen neuen Plan, zur Gestaltung des verbliebenen Nachmittags. 
Als wir wieder aufbrechen bin ich sogar froh, dass der Markt heute nicht geöffnet hat. Nicht nur, weil man so in aller Ruhe schlendern und vor den Schaufenstern verweilen kann, sondern auch wegen Hannah, die mit ihren knapp 35 cm Schulterhöhe in einer wuselnden Menschenmenge gerne mal übersehen wird. Außerm sind auch so die Gerüche, gerade um die Fischstände, so intensiv, dass sie mit ihrer Nase den Boden aufzusaugen scheint. 
 
Unser Weg führt uns nun zu Fuß weiter Richtung Innenstadt. Vorbei an der Akademie der bildenden Künste, durch den Schillerpark. 
Nach einem kurzen Stop am Goethedenkmal befinden wir uns bereits an einer Mauer die uns vom Burggarten trennt.
Dieser folgen wir, bis wir einen Eingang finden, welcher uns erneut darauf hinweist, dass Hunde hier nicht willkommen sind.
Frustriert über die neuerliche Abweisung unseres vierbeinigen Begleiters schlendern wir weiter die Mauer entlang, Bis zum äußeren Burgtor.
Hier scheinen wir ein Schlupfloch gefunden zu haben. Da das Verbot sich offenbar in erster Linie auf die Parkanlage beschränkt.
Beschwingt über diese positive Entwicklung haben wir endlich die Möglichkeit eines der historischen Gebäude, mit seinem Prunk der Habsburger Regentschaft, aus nächster Nähe begutachten zu können. Nach einem kurzen Fotostop am Heldenplatz führt uns unser Weg weiter stadteinwärts. 
Wir erhaschen einen kurzen Blick durch das geöffnete Tor der spanischen Hofreitschule die berühmt ist für ihre weißen Lipizzaner.
Direkt davor befindet sich der Michaelerplatz, von dem aus die klassischen Kutschfahrten in den typisch Wiener Fiakern starten.
 
Wir schlendern durch die Luxuseinkaufsstraßen, vorbei an den Schaufenstern von zahlreichen Luxusboutiquen in Richtung Stephansdom.
Einmal mehr sind wir froh, dass Sonntag ist und die Läden geschlossen haben, sodass sich der touristische Andrang in Grenzen hält. Je dichter wir an den Dom heranrücken, desto dichter sind auch die schicken Cafés besetzt, mit Menschen die ihre teure Garderobe zur Schau stellen. Ein Sehen und Gesehen werden.
Der Sephansdom, dessen Anfänge sich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen lassen, beeindruckt, nicht nur durch sein pompöses Erscheinungsbild mit dem Hauptportal das auch  „Riesentor“ genannt wird und seinen Nordturm der mit fast 70 Metern in den Himmel ragt, sondern auch dem außergewöhnlichen Zickzackmuster in dem die unterschiedlich farbigen Dachziegel arrangiert sind.
 
Hier ist das Gedränge sehr dicht, nicht zuletzt wegen der vielen kleine Souvenirläden in denen die Touristen ihrer Einkaufswut doch noch frönen können.
 
Für uns ist das Anlass genug das Weite zu suchen. 
Es wird uns zu eng und wir fühlen uns nicht fein genug um uns hier auf dem Präsentierteller niederzulassen. Ein paar Straßen weiter finden wir ein gemütliches Café das uns passender erscheint. 
Auch Hannah ist dankbar über die kleine Pause vom bisherigen Trubel um sie herum. Sie kugelt sich zu meinen Füßen ein und freut sich über die angebotene Wasserschale.
 
Nach unserer Stärkung machen wir uns auf in Richtung Donauufer. Auf dem Weg dorthin werfen wir noch einen Blick auf die St. Ruprecht Kirche, die im  7. Jahrhundert nach Christus erbaut wurde und die älteste Kirche Wiens ist. Sie befindet sich etwas oberhalb des Schwedenplatzes. Ein unscheinbares Gebäude, dass man gut übersehen kann, wenn man nichts von seiner Existenz ahnt. Etwas beeindruckt von diesem Bauwerk, dass so viele Jahrhunderte hier überdauert hat, setzen wir unseren Weg fort Richtung Wiener Prater. Der Tag neiget sich dem Ende zu als wir die Donau an der Marienbrücke überqueren.
Am anderen Ufer angelegt, werden wir von den einladenden Tönen einiger Straßenmusiker eine schmale Treppe hinunter gelockt. Etwas unterhalb der Hauptverkehrsstraße befindet sich eine Uferpromenade mit kleinen Bars, Künstlern die musizieren und ihr Handwerk präsentieren. Die Wände sind bunt mit Graffiti verziert und abgesehen von vereinzelten Fahrradfahrern sind hier nur Fußgänger unterwegs. Hier fühlen wir uns wohl. Fernab von dem hektischen Gewusel und den Luxusläden. Auch Hannah kann hier etwas entspannen, und schließt noch ein paar neue Urlaubsbekanntschaften. Wir schlendern gemütlich dahin und es wird schon langsam dämmrig, als wir endlich den Prater erreichen. 
Ein Programmpunkt steht für heute noch auf der Liste. 
Das, Ende des 19. Jahrhundert erbaute, historische Riesenrad und Wahrzeichen von Wien, zumindest von außen zu begutachten.
Völlig unerwartet erlaubt man uns sogar mit unserer Fellnase eine Fahrt anzutreten und so endet dieser chaotische Tag mit einer fantastischen Aussicht über das nächtlich beleuchtete Wien.
Den Weg zurück zum Hotel nehmen Hannah und ich nur noch im Halbschlaf war und verlassen uns blind auf Herrchen Ede, der uns zielsicher durch das Wiener U-Bahn-System nach Hause lotst.
 
Den nächsten Tag beginnen wir mit einem ausgiebigen Frühstück und einer detaillierten Routenplanung. 
Zu unserer großen Freude befindet sich der Frühstücksraum des Hotels im obersten Stockwerk und verfügt über eine Panorama-Fensterfront. Von hier aus hat man einen tollen Blick über das Schloß und die dazugehörige Parkanlage. Das entschädigt uns zumindest teilweise für den Frust des Vortages. 
Gestärkt und voller Tatendrang brechen wir auf Richtung Schloss Belvedere
Wir wollen uns einfach nicht geschlagen geben, was das Thema Hund und Schlossanlagen angeht. Dort angekommen erleben wir das Déjà-vu des Vortages. Eine Mauer mit einem Schild, dass uns darauf hinweist, dass Hunde nicht gestattet sind…
Da hier kein Wachmann neben dem Tor sitzt, wagen wir einen Versuch und stellen uns blind. Es dauert keine 3 Minuten, ehe jemand unseren pelzigen Begleiter entdeckt und uns nicht ganz so höflich hinaus komplementiert. 
Ich schaffe es beim Hinausgehen gerade noch ein paar Fotos vom Schloss zu schießen.
Satz mit X ...
 
Langsam finden wir uns damit ab und fragen uns zunehmend, wie Wien es mit dieser Einstellung geschafft hat, auf Platz 13 der hundefreundlichsten Metropolen weltweit zu landen. Wir setzen unseren Fußmarsch Richtung Innenstadt fort, machen eine kurze Pause an der Karlskirche und schlagen uns dann weiter voran Richtung Maria-Theresien-Platz. 
Dort befinden sich das Naturhistorische- und das Kunsthistorische Museum. Nachdem Ede das erste Mal in Wien ist, haben wir vereinbart, dass er heute auch etwas von der Kultur mitnehmen und sich die ein oder andere Ausstellung zu Gemüte darf. Hannah und ich machen es uns auf einer Decke, in der Grünanlage  vor dem Museum gemütlich und dösen etwas in der Sonne, bis Herrchen sich wieder zu uns gesellt.
 
Bevor wir uns für ein Café zum Mittagstop entscheiden, möchten wir noch einen Blick auf das Parlament und das Rathaus werfen, die sich fast direkt nebeneinander befinden. Leider befinden sich beide Gebäude in Sanierung und sind von Folien verhangen, was mich unweigerlich an die Aussicht aus unserm Hotelfenster erinnert…
 
Wir trennen uns erneut, da Ede noch ein Museum in der Hofburg besuchen möchte. Hannah und ich schlendern durch die Gassen und entdecken dabei ein kleine Laden namens Charlys Shop der nicht nur frisches Hundeeis serviert, sondern auch allerhand Hübsches und Nützliches für Fellnasen in jeder Größe bietet.
Wir stöbern uns durch das Sortiment und lassen uns von der sehr freundlichen Verkäuferin zu verschieden Dingen beraten, bis ein anderer Hund den Laden betritt und unmittelbar ein Streitgespräch mit Hannah anstrebt.
Also ziehen wir weiter.
 
Wir lassen uns treiben, denn bis zum vereinbarten Treffpunkt in der Bar des Hundertwasser Museums haben wir noch etwas Zeit. Auf dem Weg dort hin entdecke ich in einem kleinen Park einen Mann, der mit seinen Hund in einem etwa 2 x 5 Meter kleinem Gehege spielt, welches laut Schild ein ausgewiesener Hundespielplatz ist. 
Hannah und ich sehen uns irritiert an und ziehen weiter.
Das Café ist schon recht leer als wir es erreichen.
Hannah kugelt sich erschöpft in meinem Schoß ein, während ich bei einem Gläschen Wein dort auf unseren Liebsten warte. Der Tag neigt sich dem Ende als Ede wieder zu uns stößt. Wir sind alle drei sehr müde und treten den Rückweg an. 
Fast 50.000 Schritte haben wir in den letzten beiden Tagen zurückgelegt, teilt mir mein Smartphone mit.
 
Ich möchte noch einen letzten Blick auf das Schloss Schönbrunn werfen und so wird dies unsere Zielhaltestelle. 
Der Himmel färbt sich bereits rosarot als wir dort ankommen. Ede und Hannah warten geduldig vor dem Tor, damit ich kurz hindurch huschen kann, um wenigstens ein Foto zu schießen. 
Ausgelassen toben wir im Abendrot über den fast menschenleeren Vorplatz und ich kann Frieden schließen mit den Abweisungen, die uns diese Stadt in den letzten zwei Tagen entgegengebracht hat. Auf dem Heimweg machen wir noch einen Stop im Park und lassen Hannah mit den anderen Hunden über die Wiese toben, bis die Dämmerung beginnt uns einzuhüllen. 
 
Beim Frühstück am nächsten Morgen sind wir uns einig. Wien ist eine Reise wert, bietet viel Sehenswertes, Kulturelles und Kulinarisches. Zwei Tage sind auch viel zu kurz um alles aufnehmen zu können.  
Aber eines ist diese Stadt aus unserer Sicht definitiv nicht: Hundefreundlich.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Elisa (Mittwoch, 09 August 2023 19:57)

    Hallo:) Da ich gerade Hundebesuch habe (bin schon lange Wahlwienerin) und mich etwas informiere über Wien aus Hundebesitzersicht, wollte ich doch ein paar erklärende Worte da lassen. Dass die Parks nicht mit Hunden betreten werden dürfen, ist wohl vor allem den Wiener Hundebesitzern zu verdanken. Wien ist hundelieb, weil hier fast jeder einen hat und die Wiener selbst absolut hundevernarrt sind. Deshalb gibt es auch zahlreiche Hundezonen. Was die Wiener (egal ob eingesessen oder neu da)nicht sind: gute Hundehalter. Hundstrümmerl wegräumen funktioniert null und auf Grünflächen mit Hundeverbot oder Kinderspielplätzen trifft man sie dennoch. Das ist sehr schade, weil die Verbote auch jeden Hund mit aufmerksamem Halter trifft (unserem Besuchwauzi hätte ich die Gloriette auch gern gezeigt), aber imho unvermeidbar, wenn man ein paar Orte will an denen man nicht in Hundehaufen tritt. Vielen Dank auf alle Fälle für den Artikel, er brimgt mich auf die Idee das Wiener Riesenrad mit Hund zu besuchen!!

  • #2

    Gabriele Kiesewetter (Sonntag, 07 Januar 2024 07:29)

    Danke für den Artikel. Ich habe bei meinen Wienbesuchen ähnliche Erfahrungen gemacht und war anfangs recht frustriert. Mit unserer kleinen Beagledame Holly konnten wir innerstädtisch kaum ein Stück Rasen finden, der betreten werden und wo sie mal Pipi machen durfte. Auch die Baumbepflanzungen an den Straßen sowie kleine Grünflächen sind eingezäunt. Keine Chance, das Beinchen zu heben. Dafür findet man dann an den Gebäuden und Gehwegen überall Pissspuren . Ich finde das sehr schade. Die Hundezonen selbst sind wenig ansprechend , meist steinige Plätze. Und immer in den Prater fahren? Auch auf der Donauinsel Maulkorbpflicht. Für Kleinhunde? Muss das sein?